Chicago Riverwalk

Die letzten Tage unseres Urlaubes haben wir in Chicago verbracht. Ich finde es immer schwierig im Vorfeld einen genauen Plan für eine Stadtbesichtigungen aufzustellen, da nicht nur das Wetter eine Rolle spielt sondern auch das „Feeling“ das an einem Ort aufkommt oder auch nicht. In Chicago gibt es ja außer dem weltbekannten Field Museum of Natural History noch weitere Museen wie das DuSable Museum of African American History oder das Adler Planetarium, welches man sich auf jeden Fall anschauen kann. Wir hatten uns überlegt erstgenanntes zu besuchen, sind aber in Anbetracht des schönen Wetters sehr schnell von der Idee abgekommen. Die Motivation, bei 25 Grad und strahlend blauem Himmel in einem Museum herumzustreunen war bei uns recht gering und so haben wir lieber einen Bootsausflug auf dem Chicago River unternommen.

Bootstour auf dem Chicago River mit Sicht auf Downtown Chicago

Dafür war unsere erste Anlaufstelle der 1916 erbaute Navy Pier. Ursprünglich als Frachtumschlagsplatz und Warenlager konzipiert, legten aber schon bald die ersten Ausflugsschiffe an und Teile des Piers wurden zur Freizeiteinrichtung umfunktioniert. Heute steht der zuletzt genannte Aspekt im Vordergrund und das 47,5 Meter hohe Riesenrad Ferris Wheel ist zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden und aus der Skyline nicht mehr wegzudenken. Ich persönlich finde es bei mir unbekannten Städten immer eine gute Sache, der Orientierung wegen am „Wasser“ (insofern es welches gibt 😉 ) mit der Besichtigung zu starten. Dort befindet sich oft eine Touristeninformation und auch der Startpunkt für Stadtrundfahrten oder ähnliches.

In Chicago starten hier auch die Bootstouren von Shoreline Sightseeing entlang der Küstenlinie oder dem Chicago River. Ebenfalls ist hier eine Haltestelle des Wassertaxis zu finden und natürlich das Angebot weiterer Anbieter für Bootstouren und Stadtrundfahrten. Wir haben uns für die 75 minütige „Architecture Tour“ auf dem Chicago River entschieden. Zuvor haben wir aber noch ein wenig bei der Regatta auf dem Lake Michigan zugeschaut. Ich habe zwar keine Ahnung wie die Regeln sind und wie die Katamarane um die Bojen fahren müssen um zu gewinnen. Es war aber beeindruckend zu sehen wie sich der Rumpf der Boote bei den Wendemanövern meterweit aus dem Wasser gehoben hat und das Boot quasi fast senkrecht im Wasser stand.

Unterwegs auf dem Navy Pier – Regatta auf dem Lake Michigan

Die anschließende Bootstour war natürlich nicht so nervenaufreibend wie die Regatta und wir sind immer schön mit dem gesamten Rumpf im Wasser und mit der Wasserlinie über Wasser geblieben 😉 . Der Guide an Bord war zudem ein echt witziger Kerl und hat sehr kurzweilig verschiedene Anekdoten der Stadtgeschichte und viele interessante Informationen über die Gebäude, den Burnham-Plan und die Weltausstellung zum besten gegeben und die Zeit ist wie im Fluge vergangen. Die „Architecture Tour“ legt den Fokus auf die Stadtentwicklung und die Architektur der einzelnen Skyscraper und deren Architekten. So erfährt man z.B. die Hintergründe für den Bau des wahrscheinlich berühmtesten Straßenzug in Chicago, dem Wacker Drive sowie dem Merchandise Mart, welches bei seiner Eröffnung im Jahr 1930 das größte Gebäude der Welt war und eine eigene Straßenbahnhaltestelle, ein Postamt und eine Postleitzahl sein Eigen nennen darf.

Ihr habt euch sicherlich schon gefragt woher der Nickname für Chicago kommt. Ganz geklärt ist das letztendlich nicht. Die wahrscheinlichste Erklärung ist aber, dass die kalten Brisen die vom Lake Michigan durch die Straßen und die Häuserschluchten fegen namensgebend waren. Oder waren es doch die aufblühenden Bürger und hitzigen Politiker die kurz vor der Weltausstellung 1893 in den Zeitungen und Printmedien ihren Dampf abgelassen hatten und so der Stadt ihren Spitznamen gaben ?

Man weiß es nicht sicher, klar ist aber dass es sich beim Willis Tower um den zweithöchsten Wolkenkratzer der Vereinigen Staaten handelt. Mit dem Aufstieg auf selbigen war es letztendlich aber so eine Sache. Das wir nicht alleine unterwegs sein würden war ja irgendwie voraussehbar. Das wir aber 1,5 Stunden anstanden und uns beim Warten auf dem Skydeck im 103. Stock so geärgert haben dass wir fast wieder, ohne jemals den Glasbalkon in 412 Metern Höhe betreten zu haben, hinuntergefahren wären ist eine andere Sache.

Dazu kommt noch das ich ein äußerst geduldiger Mensch bin der sehr, sehr tolerant ist wenn es um die Unverschämtheit andere Leute geht *Ironie* . Es gibt echt nur weniges was mich auf die Palme bringt, aber Intoleranz und Egoismus gehören dazu. Es kann halt nicht sein, dass es Menschen gibt die 10 Minuten auf der momentan höchsten Aussichtsplattform der USA stehen und seelenruhig ihre Haare kämmen, ihren Lippenstift nachzeichnen und ihr Boyfriend aka Instagram-Pseudo-Modefotograf aka Depp-vom-Dienst dazu nötigen irgendwelche Fotos zu machen damit das Instagram Profil auch ja mit neuen „urbanen Bildern“ ergänzt werden kann. Dumm nur, dass in der Schlange noch 150 weiter Menschen stehen die auch gerne einmal auf dem Glasbalkon stehen würden und die sich in diesem Moment einfach nur verarscht vorkommen. Da wir nicht unseren Deppen-vom-Dienst dabei hatten, ist ein authentisches „Wir san Wir“ Foto hoch über den Dächern von Chicago entstanden auf dem wir halt so schauen wie wir dreinschauen 😉 .

Willis Tower – wir auf dem Glasbalkon auf 412 Meter Höhe 🙂

Leider hat die schlechte Organisation auf der Besucherplattform noch sein übriges zur nervigen Situation beigetragen. Es gibt einfach zu wenig Personal auf dem Skydeck das die Besucherströme regeln könnte und so bleibt vollkommen unklar wo die Warteschlangen für die drei Glasbalkone anfangen und wer als nächstes an der Reihe ist. Außerdem weiß man, einmal oben angekommen auch nicht wie lange die definitive Wartezeit zum Glasbalkon beträgt und jeder drängelt nur in die Pseudoschlangen hinein und versucht einen besseren Platz zu ergattern um schneller zum heiß begehrten Foto zu kommen.

Ich könnte mich jetzt noch beim Schreiben darüber ärgern, aber Schwamm drüber. Die Aussicht über die Dächer von Chicago, hinab in die Häuserschluchten und auf den Lake Michigan war einfach atemberaubend und in Kombination mit dem fantastischen Wetter ist das Ärgernis über meine Mitmenschen in den Hintergrund gerückt 🙂 . Zudem hatten wir eine äußerst interessante Fahrt abwärts, auch wenn sich die Unkoordiniertheit bei der Fahrt zum Boden fortgesetzt hat. Man steht irgendwo in einer Schlange und hat keine Plan wohin es geht und wie lange man noch anstehen muss um in den Aufzug zu kommen. Wir wurden aus der Warteschlange herausgezogen und sind nicht im offiziellen Aufzug, sondern mit 10 weitern Besuchern, in einem Lastenaufzug mit einer äußerst wirren Angestellten hinuntergefahren bzw. erst in den 33. Stock runter dann in den 103. Stock hoch und wieder in den 33. Stock runtergefahren. Warum das ganze ? Ich kann es euch nicht sagen und es gab im Aufzug schon die wildesten Spekulationen über diese Aktion. Aus der guten Frau war aber auch nichts herauszubekommen und so sind wir nach einer munteren Fahrt mit dem besagten Halt im 33. Stock – dort sind wir auf Menschen in schwarzen Anzügen und Musikinstrumenten getroffen – wohlbehalten wieder auf der Erde angekommen. Etwas surreal die Geschichte aber nun gut 😉 .

Ihr müsst am Wochenende auf jeden Fall 3 – 4 Stunden für den Besuch des Towers einplanen. Bis ihr den Sicherheitscheck durchlaufen habt, am Ticketschalter angestanden seit, nach dem Kauf der Tickets nochmals am Aufzug ansteht und nach mindestens einer Stunde endlich oben angekommen seit und dann festgestellt das dort das absolute Chaos herrscht. Hätte wir uns auf dem Rückweg nicht vorgedrängelt wären wir noch eine Stunde länger angestanden. Das ist jetzt irgendwie unedel zu sagen, aber offen gesprochen hatte ich einfach nur noch die Schnauze voll und wollte weg.

Nach dem nervigen Besuch auf dem Willis Tower haben wir den frühen Abend bei Giordano’s verbracht und ich habe ungelogen die beste Pizza meines Lebens gegessen. Es hat bei mir ja schon auf dem Willis Tower die Schwarte gekracht und so bin ich auch vor Schreck fast vom Stuhl gefallen als Florian Pizza geordert hat: EINE Pizza – Size SMALL !!!!!! Ich dachte ich falle vom Glauben ab und hatte mir ernsthaft überlegt was ich danach noch essen könnte.

Das es sich hierbei aber um eine Chicago Deep Dish Pizza handelt hatte ich nicht so richtig auf dem Schirm. Der Käse ist hier nicht auf der Pizza verteilt sondern die Füllung der Pizza. Pervers denkt ihr jetzt sicherlich – ja pervers lecker 🙂 . Die Pizza hat drei Stücke für jeden ergeben und etwa den Durchmesser einer 26er Springform gehabt. Beim dritten Stück musste ich mich echt schon ranhalten mit dem Essen und hätte am liebsten nach einem Doggy Bag für die Mitnahme ins Motel gefragt. Aber manchmal muss man sich im Leben halt zwingen und so ist auch das letzte Rädchen Salami zusammen mit Hackfleisch und Pilzen in meinen, nunmehr nicht mehr hungrigen, Magen gewandert. Der anschließende Spaziergang entlang dem neue gestaltete Riverwalk war daher nicht nur eine gute Idee sondern fast lebensnotwendig 😉 .

Der Chicago River ist auch zu Fuß eine echte Attraktion und wir sind am Abend vor der aufziehenden Dunkelheit noch ein wenig durch die Häuserschluchten flaniert. Ich liebe ja die Zeit vor der Dämmerung, wenn die Sonne noch golden am Himmel steht und die nahende Dunkelheit schon zu erahnen ist. Dann ist alles in ein wohlwollendes Licht getaucht und auch die Gestalten der Nacht die jetzt an den Straßenecken auftauchen und um ein paar Dollar betteln wirken noch nicht so aufdringlich.

Natürlich habe wir uns auch ein wenig in den Neighborhoods rund um Downtown umgeschaut. Was wir dort erlebt habe erzähle ich euch im zweiten Teil meines Beitrages über Chicago. Wenn ihr zwischenzeitlich auch Hunger bekommen haben solltet, könnt ihr ja die Zeit bis zu meinem nächsten Betrag mit dem folgenden kleinen Video überbrücken: