Unterwegs in Saintes-Maries-de-la-Mer

In diesem Beitrag nehme ich euch mal wieder auf eine Inspirationsreise in mein geliebtes Frankreich mit. Ich hatte euch bereits in zwei zurückliegenden Beiträgen die doch recht populären Urlaubsregionen Normandie und Bretagne vorgestellt. Im aktuellen Beitrag fahren wir auch wieder ans Meer, dieses Mal aber an das „andere Ende Frankreichs“ in eine vielleicht weniger bekannte Urlaubsregion, die Camargue.

Flamingos in der Camargue

Wasser, Schilf, Pferde und Flamingos

Spricht man von der Camargue, ist zum größten Teil das Schwemmland rund um das Rhonedelta zwischen Marseille und Montpellier gemeint. Die Camargue gehört somit genau genommen zur Region Provence, hat aber rein optisch nichts mit lila wogenden Feldern voller Lavendel zu tun 😉 . Die Landschaft unweit der Küste, die von ihrem populären „Nachbarn“ Côte d’Azur gerne mal als mögliches Urlaubsziel verdrängt wird, besticht durch zwei unschlagbare Vorzüge, nämlich wenig Trubel und viel Natur.

Wer von Euch schon an der Côte d’Azur Urlaub gemacht hat, weiß jetzt sicherlich von was ich spreche. Hier kommt der Naturliebhaber nämlich nicht so richtig auf seine Kosten und auch die Städtchen sind mehr als überfüllt und mir ist schon oft bei der Suche nach einem Parkplatz die Lust am Stadtbummel oder Marktbesuch vergangen.

Hier in der Camargue ist alles beschaulicher, aber nicht minder schön, gibt es doch in den Städten Arles und Nîmes viel an Historischem zu entdecken und gehört der Markt in der ehemaligen Hafen- und Festungsstadt Aigues-Mortes, wie ich finde, zu den Schönsten in der gesamten Region.

Das Zentrum der Camargue ist dabei der geschäftige Wallfahrtsort Saintes-Maries-de-la-Mer (Saintes-Maries), der wie der Name schon sagt, sich direkt am Meer befindet und mit einer schönen Strandpromenade und einem historischen Stadtkern Lust auf Urlaub macht.

Zu Gast in der heimlichen Hauptstadt der Camargue

Fährt man auf der Rue National D570 durch das Marschland nach Saintes-Maries denkt man, man fährt ans Ende der Welt. In den kleinen Seen stehen dutzende rosa Flamingos und in der Ferne sieht man auf den dürftig umzäunten Weideflächen auch die typischen weißen Camargue-Pferde. Ich muss an dieser Stelle aber auch anmerken, dass ich diese nie als „Wildpferde“ und wie eine Büffelherde durch die Landschaft ziehen sehen habe. Das ist dann wohl was fürs Werbeprospekt oder ich war immer zur falschen Zeit am falschen Ort 😉 .

Der kleine Ort Saintes-Maries bzw. deren trutzige Wehrkirche Notre-Dame-de-la-Mer mit ihren hohen Zinnen ist schon kilometerweit wie ein Leuchtturm in der flachen Landschaft zu sehen. Letztendlich gehört das Baudenkmal aus dem 12. Jahrhundert auch zu den wenigen Sehenswürdigkeiten im beschaulichen Ferienort. Wer als auf der Suche nach Action, großen Museen und spektakulären Sehenswürdigkeiten ist, der wird hier eher enttäuscht werden.

Wer aber entspannte Abende im Bistro mit Meerblick bevorzugt und gerne in den Dünen wandert, badet oder mit dem Rad unterwegs ist, kommt hier voll und ganz auf seine Kosten. Hier ist es auch ratsam ein wenig die Augen offenzuhalten. Auf mancher Weide steht nämlich kein zahmes Camargue-Pferdchen sondern ein schwarzer Stier mit imposanten Hörnern 😉 .

Zu Zeiten der bekannten Wallfahrt zur „Schwarzen Sara“ Ende Mai und Oktober ist es dann aber auch mit der beschaulichen Ruhe in Saintes-Maries vorbei, finden sich doch tausende Roma aus allen Herren Ländern zur Prozession ein, um die Schreine der heiligen Maria Jakobäa und Maria Salomeder zu verehren. Es empfiehlt sich also bevor man seinen Urlaub bucht, kurz in den Kalender zu schauen es sei denn, man möchte ein Teil der religiösen Tradition hautnah miterleben.

Wusstet ihr, dass auch in der Arena von Saintes-Maries der Tradition des – wie in Frankreich üblichen unblutigen – Stierkampfes gefrönt wird? Wenn euch ein solches Spektakel interessiert, könnt ihr während der Saison in der Touristeninformation vor Ort Karten erwerben. Leider haben wir es zeitlich nicht geschafft uns das anzuschauen. Auch wenn ich kein Befürworter des Stierkampfes bin, bin ich aber trotzdem an den Traditionen anderer Länder und Regionen interessiert und ich finde, man muss sich auch eine eigene Meinung bilden und wie so oft im Leben ist nicht alles Schwarz oder Weiß.

Vor der Stierkampfarena

Beeindruckende Festungsstadt im Sumpfland

Ein anderes historisches Städtchen liegt nur wenige Kilometer von Saintes-Maries entfernt und gehört zu meinen liebsten Ausflugszielen hier in der Region. Hier gelangt man erst durch trutzige Festungsmauern in das Innere der ville close, der befestigten Altstadt von Aigues-Mortes. Diese ist im Schachbrettmuster angelegt und gehört zu den größten noch erhaltenen mittelalterlichen Festungsstädte in Europa und wirkt hier in der topfebenen Sumpflandschaft ein wenig deplatziert bzw. aus der Zeit gefallen. Aber ich finde genau das macht ihren Reiz auch aus.

Festungsmauern von Aigues-Mortes

Man muss jetzt wissen, dass die Stadt Mitte des 13. Jahrhunderts direkt am Ufer einer Lagune gebaut wurde und der Hafen außerhalb der 1,6 Kilometer langen Stadtmauer mit dem Meer durch Kanäle verbunden war. König Ludwig IX. brauchte damals nämlich unbedingt zwei Dinge in dieser Mittelmeerregion: eine Bastide und einen Hafen um die Kreuzzüge gen Jerusalem koordinieren zu können. In diesen kriegerischen Zeiten, der übrigens auch die Tempelritter zeitlich zuzuordnen sind, passt es ganz gut, das sich König Ludwig den Beinamen „der Heilige“ gab, findet ihr nicht auch 😉 ?

Über die Jahrhunderte hinweg wurde die Lagune in Teilen landwirtschaftlich durch den Abbau von Salz und den Anbau von Wein – der übrigens fantastisch schmeckt – nutzbar gemacht und heute sind nur noch die Kanäle als Wasserstraßen präsent. Die weißen Salzberge der naheliegenden Salins du Midi sind besonders schön vom Wehrgang auf der Stadtmauer aus zu sehen.

Auf den Spuren der Blume des Salzes

Dabei ist die Salins du Midi nur eine von vielen Salinen hier in der Region und viele von euch kenne wahrscheinlich auch das bekannteste regionale Produkt, welches sich weltweit bei Köchen an großer Beliebtheit erfreut und auch bei uns im Supermarkt zu finden ist. Die „Blume des Salzes“ oder auf französisch Fleur de Sel wird hier in der Camargue gewonnen und stellt somit auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor dar. Wenn ihr euch also bei der Fahrt durch die Region mit dem Rad oder mit dem Auto wundert, warum es immer wieder große weiße Fläche und auch teilweise Förderbänder wie hier in den Steinbrüchen auf der Schwäbischen Alb gibt, dann wisst ihr jetzt worum es sich handelt.

Gewinnung von Fleur de Sel

Zudem lohnt es sich, in den kleinen Verkaufsständen oder Lädelchen der Produktionsstätten vorbeizuschauen und das ein oder andere Stück der Camargue für sich selber oder als Souvenir mit nach Hause zu nehmen.

Pyramiden im ehemaligen Sumpfland

In der westlichen Camargue gibt es auch für Architekturliebhaber etwas zu entdecken. Rund 40 Kilometer von Saintes-Maries entfernt befindet sich nämlich das Retortenseebad La Grande-Motte, welches buchstäblich auf Camargue-Sand gebaut ist und durch seine weltweit einzigartige Architektur auf sich aufmerksam macht. Dazu kommt der Aspekt, dass der Ferienort am damaligen „Arsch der Welt“ auf dem Reisbrett entworfen wurde. Zu sehen gab es hier nämlich Anfang der 1960er nicht viel, außer ein paar Fischerboote und Millionen Moskitos die in den Sümpfen ihre Heimat haben.

Blick auf den Hafen in La Grand-Motte

Damals beschloss Charles de Gaulle die Mittelmeerküste als Feriendestination für seine Landsleute auszubauen. Davor sind die Franzosen nämlich auch lieber an die Küsten Spaniens oder Italiens zum Urlaubmachen gefahren als die Sonne und den Strand an ihrer „eigene“ Küste zu genießen. Ob Jean Balladur, dem französischen Architekt und Städteplaner von La Grande-Motte wohl klar war, dass er sich mit dem Entwurf des Badeortes ein architektonisches Denkmal weil über seinen Tode hinaus gesetzt hat?

Wohl nicht, denn erst in den letzten Jahren wurden die über Jahrzehnte abschätzig belächelten Betonpyramiden zu Architekturikone und sind seit ein paar Jahren auch hochoffiziell „Nationalen Kulturerbe des 20.  Jahrhunderts“.

Daher bietet das örtliche Fremdenverkehrsamt auch Architektur-Führungen oder die Teilnahme an Photo Walks an. Man kann sich aber auch einfach auf eigene Faust umgesehen, da es in jedem Stadtteil Informationsstehle gibt, die die Highlights zweisprachig, sprich englisch und französisch, erläutern.

Blick auf La Grand-Motte

Auf dem obigen Foto, welches ich am Fischereihafen im benachbarten Le Grau-du-Roi aufgenommen habe, sieht man übrigens gut, warum ich von Betonpyramiden gesprochen habe. Balladur hat nämlich die Pyramiden der Maya als Vorbild für seinen Mittelmeer-Badeort herangezogen. Ein wenig erinnern die Gebäude aber auch an Kreuzfahrtschiffe, findet ihr nicht auch? Ich bin ja kein Verfechter von Massentourismus in Hotelbunkern aber ein großer Fan von außergewöhnlicher Architektur und muss gestehen, dass mich die Ambivalenz des Ortes, der doch irgendwie auch von Parks und Grün dominiert wird, von Anfang an in seinen Bann gezogen hat.

Zudem gibt es entlang den sieben Kilometern feinstem Sandstrand auch Einkaufspassagen, Gemeinschaftseinrichtung, sowie Schulen und Kindergärten. Balladur hat La Grande-Motte also nicht nur als Feriendomizil konzipiert sondern als „echten“ Wohnort und das wiederum finde ich äußerst beachtenswert. Denn ihr kennt sicherlich den klassischen Badeort gerade hier an der Küste, an dem in der Nebensaison oder auch außerhalb der Saison alles geschlossen hat und man nicht einmal einen Kaffee trinken kann. Heute leben rund 8700 Menschen in La Grande-Motte und ich finde es toll, das der ursprüngliche Gedanke des Erbauers bis heute weiterlebt.

Man sollte aber auch den beiden Nachbarorten Le Grau-du-Roi und Port Camargue einen Besuch abgestattet. Eigentlich ist Port Camargue ja „nur“ ein Stadtteil von Le Grau-du-Roi bzw. „nur“ der Yachthafen des Ortes. Ich finde aber, dass das dem größten Freizeithafen Europas, nicht gerecht wird. Die beiden Orte unterscheiden sich nämlich grundlegend und jeder strahlt eine andere Atmosphäre aus. Dabei trägt Port Camargue ohne Frage die Handschrift von Balladur und ist ein wenig wie ein zweites, kleineres La Grande-Motte.

Entfernt hat es mich hier auch an Venice, dem äußerst bekannten Stadtteil von Los Angeles, erinnert. Hier sind die Häuser auch am Wasser gebaut und haben oft einen eigene Bootsanleger vor der Terrassentüre. Le Grau-du-Roi mutet da im Gegensatz etwas romantisch verspielt an und die Handschrift der italienischen Gründerväter ist vor allem im Bereich rund um den Fischereihafen nicht zu übersehen.

Römische Vergangenheit

Lässt man das Mündungsdelta der Rhone hinter sich, schließen sich an den flachen Landstrich rund um Saintes-Maries ein hügeliges mediterranes Kulturland an. Hier ist die römische Vergangenheit greifbar und es ist quasi ein Muss, die großen Arenen in Nîmes und Arles zu besuchen.

Amphitheater von Nîmes

Beide Orte lagen damals in der römischen Provinz Gallia Narbonensissis und die ca. 90 n. Chr. erbauten Amphitheater wurden nach dem Vorbild des römischen Kolosseums geplant. Hier hatten ursprünglich 25.000 Zuschauer Platz um dem aufregenden Geschehen beizuwohnen. Heute sind beide Arenen detailgetreu restauriert und werden regelmäßig für diverse Veranstaltungen und Festivals genutzt. Die Arena von Arles hat zudem auch eine gewisse Bekanntheit über die Region hinaus erlangt, taucht sie doch in Gemälden von Picasso und Van Gogh auf und ist auch Handlungsort in einem Roman von Hemingway.

Über den Dächern von Nîmes

Beide historische Städte verzaubern, neben den Überbleibseln der römischen Herrschaft, mit engen und verwinkelten Gassen durch die Altstadt und den hellen geradlinigen, teils monumental anmutenden Gebäuden und den vielen Bistros, Restaurants und kleine Läden in denen man südfranzösische Lebensart käuflich erwerben kann.

Seid ihr in Nîmes unterwegs, solltet ihr auf jeden Fall einen Ausflug auf den Tour Magne im wunderschönen Jardin de la Fontaine unternehmen. Dieser stammt aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. und zählt zu den ältesten Gebäuden in Europa. Zudem habt ihr vom Garten aus einen fantastischen Blick auf die Stadt.

Ich hoffe ich konnte euch ein wenig für eure nächste Reise inspirieren und euch auch die weniger bekannte Camargue als Urlaubsregion schmackhaft machen. Am besten nehmt ihr euch ein Ferienhaus oder eine Wohnung in Saintes-Maries oder Arles. Alternativ gibt es in Saintes-Maries den wunderbaren Camping La Brise de Camargue auf dem wir schon einige entspannte Tage verbracht haben.

Virtuelle Kaffeekasse

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Entspannte Stunden auf dem Camping „La Brise de Camargue“