In diesem Beitrag nehme ich euch mit an die zauberhafte Côte Vermeille. Ein Küstenabschnitt, der sich vom kleinen Örtchen Le Barcarès entlang der französischen Mittelmeerküste bis zur spanischen Grenze erstreckt. Diese wunderbare Region haben wir bereits mehrmals erkundet, sei es während Ferienhausaufenthalten in Saint-Cyprien oder mit dem Wohnmobil. Die malerischen Dörfer, historischen Festungen, versteckten Buchten und das mediterrane Flair in den Städtchen haben meinen Mann und mich immer wieder in ihren Bann gezogen. Hier kann, mit den mächtigen Pyrenäen im Rücken, auch wunderbar gewandert und auch das ein oder andere Gläschen Wein genossen werden.
Ganz im Norden des Küstenabschnittes erstrecken sich traumhafte Strände, die zu den schönsten an der französischen Mittelmeerküste zählen. Orte wie Canet-en-Roussillon, Saint-Cyprien und Argelès-sur-Mer locken mit ihrem feinen Sand und 330 Sonnentagen nicht nur Sonnenanbeter an. Die Strandpromenaden laden zu einem gemütlichen Spaziergang ein und bietet zahlreiche Cafés und Restaurants mit Blick auf das Meer.
Imposante Forteresse de Salses
Im Hinterland könnt ihr euch im Forteresse de Salses auf eine Zeitreise durch die Jahrhunderte begeben. Die Festung ist ein Wahrzeichen des Départements Pyrénées Orientales und wurde gegen Ende des 15. Jahrhunderts von König Ferdinand II. von Aragón in einem damals völlig neuen Architekturstil erbaut. Es diente einst zur Bewachung des Zugangs zum spanischen Roussillon und konnte Invasionen und Angriffen moderner Artillerie Widerstand leisten. Hier verlief schon damals einer der wichtigsten Handelswege von Barcelona nach Mitteleuropa, dessen Route sich heute noch am Verlauf der Autobahn A9 Languedocienne nachvollziehen lässt.
Von den imposanten Türmen mit ihren dicken Mauern, welche die Jahrhunderte überdauert haben, habt ihr einen tollen Ausblick über den Etang de Salses-Leucate bis hin zur Küste. Die weitläufigen Kasematten, verwinkelten Gänge und Innenhöfe können auf einem kurzweiligen Rundgang erkundet werden und auch kleine Ritter und Burgfräuleins kommen auch auf ihre Kosten.
Perpignan Méditerranée
Unsere kleine Rundreise durch die Küstenregion führt uns weiter in die historisch bedeutsame Hauptstadt des Départements Pyrénées-Orientales, dem sehenswerten Perpignan. Übrigens ist diese Region eng mit Mallorca verbunden. Im 13. Jahrhundert war Perpignan tatsächlich die Hauptstadt des Königreichs Mallorca. Im mittelalterlichen Stadtkern ist der katalanische Einfluss noch heute sichtbar. Der imposante Palast der Könige von Mallorca im gotischen und romanischen Stil mit einer zauberhaften Gartenanlage thront hoch über der Altstadt. Von den Festungsmauern habt ihr bei gutem Wetter ebenfalls einen atemberaubenden Blick auf die Küstenlinie.
Zauberhaftes Collioure
Das kleine Örtchen Collioure ist zweifellos einer der touristischen Anziehungspunkte an der Côte Vermeille. Collioure spielte eine herausragende Rolle im mallorquinischen Reich, denn es war der bedeutendste Handelshafen des Roussillon. Damals war dieser malerische Ort weit mehr als nur ein kleines Fischerdorf. Seine charmanten bunten Häuschen, die verwinkelten Gassen und die verwunschenen Ecken erzählen Geschichten aus vergangenen Zeiten und verleihen ihm einen einzigartigen historischen Charme.
Die historische Bedeutung von Collioure zeigt sich auch in seiner imposanten Burg am Hafen, die während der Herrschaft der Könige von Mallorca im 13. Jahrhundert entstand. Ursprünglich als Verteidigungsbau errichtet, wurde das Château royal de Collioure in den nächsten Jahrzehnten Stück für Stück zu einer königlichen Residenz umgebaut und erweitert.
Ein weiteres faszinierendes Bauwerk ist die im Wasser stehende Wehrkirche Notre-Dame-des-Anges, die von dem renommierten französischen Festungsbaumeister Vauban errichtet wurde. Der Kirchturm, der nicht nur wie ein Leuchtturm aussieht, sondern auch als solcher genutzt wurde, ist heute das Wahrzeichen des Ortes, der schon von vielen Künstlern wie Matisse, Signac oder Purrmann als Inspiration diente.
Wenn man heute am Hafen entlang schlendert und die Menschen am Strand und an der Promenade beobachtet, kann man sich kaum vorstellen, dass in unsicheren Zeiten auch Kriegsschiffe vor Anker lagen und Esel die Güter durch die verwinkelten Gassen schleppten. Welch ein Kontrast zu den Menschen, die heute an der Promenade sitzend die gerade auf dem Wochenmarkt gekauften Austern zusammen mit einem Gläschen Wein genießen.
Von der Burg hat man zudem einen tollen Ausblick auf das Meer, die felsige Bucht und die umliegenden Berge. Am Horizont ist auch der Tour de Madeloc, ein mittelalterlicher Wachturm, zu erkennen.
Wanderung zum Tour de Madeloc
Dieser und weitere Türme im Hinterland wie der Tour de la Massane wurden von den damaligen Herrschern im 13. Jahrhundert zur Sicherung der Küstenlinie erbaut. Das gebirgige Küstenhinterland lässt ich am besten mit Wanderschuhen an den Füßen erkunden.
Unsere Wanderung zum Tour de Madeloc beginnt auf dem Wanderparkplatz Coll dels Gascons an der D86. Entlang der sehr gut ausgeschilderten Wege wandert ihr in etwa eine Stunde bis zum Wachturm. Von 670 Metern Höhe aus hatte man schon damals einen beeindruckenden Blick auf die Grenzregion und die damals international bedeutenden Handelshäfen von Port-Vendres und Collioure. Der Pyrenäenfrieden im 17. Jahrhundert beendete einen 25-jährigen Konflikt im Mittelmeerraum und verringerte auch die strategische Bedeutung der Wachtürme. Der Turm kann leider nicht bestiegen werden. Er steht heute auf militärischem Sperrgebiet, da er eine Funkrelaisstation beherbergt.
Entschleunigung pur auf dem Zöllnerpfad
Eine weitere Möglichkeit, die Küstenregion zu erkunden, bietet sich durch eine Wanderung auf dem Zöllnerpfad Sentier du Littoral. Dieser verbindet die Örtchen Collioure mit Port-Vendres, Banyuls-sur-Mer und dem an der spanischen Grenze liegenden Cerbère. Port-Vendres ist für mich ein Städtchen mit einem etwas sprödem Charme, bedingt durch seinen Industriehafen neben dem obligatorischen Jachthafen.
Entlang des Hafenbeckens reihen sich auf der einen Seite viele kleine Restaurants und Cafés wie Perlen einer Kette aneinander und laden zum Verweilen ein. Auf der anderen Seite prägen die massiven Verladekräne des einzigen Tiefseehafens in den Pyrénées-Orientales das Stadtbild. Hier ist auch die größte Fischereiflotte des Küstenabschnitts beheimatet, und das Ganze hat nichts mehr mit der romantischen Vorstellung von Krabbenkutteridylle gemeinsam. Von Port-Vendres aus kann auf besagtem Zöllnerpfad eine wunderbare Wanderung zum Cap Béar und der Bucht von Paulilles unternommen werden. Sie startet hinter dem Industriehafen bzw. gegenüber dem Wohnmobilstellplatz, den ich euch für einen Aufenthalt empfehlen kann. Solltet ihr mit dem PKW anreisen, könnt ihr hier einfach am Straßenrand parken.
Es gibt zwei gut ausgeschilderte Routen, die sich auch kombiniert erwandern lassen: einmal der schmale, steile Sentier du Littoral oder alternativ der Fahrweg zum Leuchtturm, welcher parallel zum Küstenpfad verläuft. Auf dem teilweise steilen Küstenpfad muss auf jeden Fall ein wenig gekraxelt werden, was nicht nur den Kindern eine Menge Spaß bereitet.
Das beeindruckende Fort Béar kann nicht besichtigt werden, da es militärisch genutzt wird. Das Gleiche gilt für Teile des Kaps in der Nähe des Leuchtturms. Neben einem fantastischen Rundumblick auf das Meer und die Buchten entlang der Küste, und bei guter Sicht bis nach Banyuls-sur-Mer, entdeckt man hier auch Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Überreste der Geschütz- und Bunkeranlagen wirken jedoch eher wie Fremdkörper in dieser Idylle.
Natur und Industrieerbe in der Bucht bei Paulilles
Die Wanderung kann vom Leuchtturm am Cap zum Landschaftsschutzgebiet rund um die Bucht von Paulilles fortgesetzt werden. Hier können neben einer Restaurationswerkstatt für katalanische Boote auch die Überreste einer Sprengstofffabrik von Alfred Nobel aus dem Jahr 1870 besichtigt werden. Hier befand sich neben der genannten Fabrik auch eine richtige kleine Arbeiterstadt mit Kirche, Schule und Geschäften. Heute ist auf dem Gelände ein Museum untergebracht und in sieben der 32 Gebäude wird die Geschichte der Produktionsstätte und der Alltag der Arbeiter erzählt.
Appellation Banyuls
Neben der Fischerei spielt auch der Weinbau in der Region eine bedeutende Rolle. Port-Vendres gehört zu den vier Orten in der Region Roussillon, deren Wein unter der Appellation Banyuls vermarktet werden darf. Der Banyuls ist ein exquisiter Likörwein, der an den Steilhängen der Côte Vermeille angebaut wird und sich hervorragend als Aperitif und Dessertwein genießen lässt. Im nahegelegenen Banyuls-sur-Mer bietet die Cellier des Templiers interessante Führungen inklusive Weinproben an. Dafür kann ich eine klare Empfehlung aussprechen, denn die Führung ist auch geschichtlich äußerst interessant und kurzweilig. Der Weinbau bzw. die Kultivierung der Hänge reicht nämlich bis in die Zeit der Tempelritter zurück und es ist faszinierend zu erfahren, wie diese Tradition über die Jahrhunderte hinweg bewahrt und weiterentwickelt wurde.
Lost Palce Cerbère
Der im Jahr 1878 eröffnete Grenzbahnhof in Cerbère, dem südlichsten Festlandsort Frankreichs, diente lange Zeit als das Tor nach Spanien und ist heute ein typisches Beispiel für einen Lost Place. Das Ausmaß der riesigen, 30 Hektar großen Anlage lässt sich am besten von den umliegenden Bergen aus erfassen. Mit seinen teils verfallenen Hallen und Gebäuden, die ursprünglich von Gustave Eiffel entworfen wurden, strahlt der Bahnhof heute einen morbiden Charme aus.
Hier in Cerbère enden auch heute noch die Gleise der Bahnstrecke Barcelona–Cerbère in spanischer Breitspur. Die Gleise, die zur französischen Normalspur führen, münden erst knapp zwei Kilometer weiter im spanischen Bahnhof Portbou in eine Umspuranlage. Heutzutage werden große Teile des Abstell-, Rangier- und Verschiebebahnhofs nicht mehr für den Personen- und auch Güterverkehr genutzt. Durch andere Hochgeschwindigkeitstrassen hat sich das Verkehrsaufkommen verlagert, und heute müssen auch die Güter nicht mehr per Hand umgeladen werden, was in der Vergangenheit oft mühsam von den Frauen aus der Region mit großen Körben erledigt wurde. Obwohl die Bahnanlage heute komplett eingezäunt ist, sind die mit reichlich buntem Graffiti versehenen Tunnel immer noch frei zugänglich.
Grenzfestung Fort de Bellegarde
Ich möchte den Beitrag gerne mit dem Besuch einer weiteren beeindruckenden Grenzfestung abschließen. Das Fort de Bellegarde. thront hoch über der Stadt Le Perthus und bietet einen atemberaubenden Blick auf die Pyrenäen. Das Fort wurde im 17. Jahrhundert erbaut und diente lange Zeit als Zollstation zwischen Frankreich und Spanien. Während des Zweiten Weltkriegs wurde es dann von der Gestapo als Gefängnis für entkommene Kriegsgefangene und spanisch-republikanische Flüchtlinge, sowie ihre Helfer genutzt. Heute ist das Fort de Bellegarde ein historisches Denkmal und ein tolles Fotomotiv inmitten dieser wunderbaren Küstenregion.
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