Etappen 22 bis 24 – Die nächsten zwei Nächte verbrachten wir einmal in Port Leucate auf dem Campingplatz „La Garden“ und in Cap d’Agde auf dem „Camping La Mer“. Vor unserem Aufenthalt hatte ich mir die Bewertungen beider Plätze im Internet angesehen, und wir waren besonders von dem Platz in Cap d’Agde mehr als begeistert. In der Nebensaison zahlten wir im Schnitt zwischen 20 und 25 Euro pro Übernachtung, was meiner Meinung nach ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis ist. Dass die Preise in der Hauptsaison etwas höher sind, muss ich wohl kaum extra erwähnen. Aufgrund der Tatsache, dass auch die Franzosen gerne im eigenen Land, sprich am Mittelmeer, Urlaub machen, ist es vor allem im Urlaubsmonat August mit der Beschaulichkeit an den Stränden des Roussillons vorbei.
Bei uns waren jetzt in der Nebensaison die Campingplätze halb leer und am Strand hatte man – ich meine hier speziell die Strandkrabbe Henry – ordentlich Platz zum erkunden und buddeln gehabt. Das haben wir natürlich ausgiebig ausgenutzt und nach einem späten Frühstück mit frischen Croissants und Pain au Chocolat den Tag auch primär am Stand verbracht.
Auch wenn oder gerade weil ich von den Tagen nur wenig Fotos habe und ja, meine Kamera bleibt bei Strandbesuchen mit einem kleinen, wilden Wirbelwind vorsichtshalber daheim, möchte ich im Thema „Camping mit Kleinkind“ ein wenig schwelgen und euch die tollen Sanitärräumlichkeiten für Kinder auf den Campingplätzen zeigen. Wir baden Henry daheim logischerweise in der Badewanne was ja praktisch kein Problem ist. Wir hatten uns aber im Vorfeld des Urlaubs schon unterhalten wie es wohl werden wird, wenn Henry mit mir oder Florian duschen gehen muss. Er kann ja noch nicht stehen und ohne Haltmöglichkeit in einer fremden Dusche ist das Ganze nochmals eine anderer Challenge.
Die beiden Fotos sind so auf dem „Camping la Mer“ entstanden und hier könnt ihr auch sehen, dass es dann doch keine Challenge wurde den kleinen Henry zu baden 😉 . Es gab nämlich schon auf unserem ersten Teil der Reise entlang der Atlantikküste auf den Campingplätzen spezielle Kinderbadewannen für Henrys Altersklasse und auch Toiletten und Duschen für die größeren Kleinen. Alles ganz easy oder?
Etappen 25 bis 26 – Unsere Reise hat uns vom Cap d’Agde aus in ein Seebad der besonderen Art geführt. Das eine Fahrstunde südlich liegende Retortenseebad La Grande-Motte ist dabei buchstäblich auf Sand gebaut und durch seine einzigartige Architektur auf jeden Fall einen Zwischenstopp wert. Ob ich hier einen zweiwöchigen Urlaub verbringen möchte, sei mal dahingestellt. Wobei meine Urlaubsvorstellung jetzt auch nicht ganz der Maßstab sein müssen. Die nächsten zwei Nächte haben wir uns aber mal wieder auf einem Campingplatz mit dem klangvollen Namen „Le Garden“ im Stadtviertel La Petite Motte unter Palmen einquartiert.
Pyramiden im ehemaligen Sumpfland
Was La Grande-Motte ausmacht ist seine unverwechselbare, ich würde jetzt fast mal sagen spektakulären Architektur und der Aspekt, dass der Ferienort am damaligen „Arsch der Welt“ auf dem Reisbrett entworfen wurde. Zu sehen gab es hier nämlich Anfang der 1960er nicht viel, außer ein paar Fischerboote und Millionen Moskitos die in den Sümpfen der Camargue ihre Heimat haben.
Die Ferienorte Port Leucate und Cap d’Agde sind so wie wir sie heute kennen, übrigens auch in dieser Zeit „entstanden“. Damals beschloss Charles de Gaulle die Mittelmeerküste als Feriendestination für seine Landsleute auszubauen. Davor sind die Franzosen nämlich auch lieber an die Küsten Spaniens oder Italiens zum Urlaubmachen gefahren als die Sonne und den Strand an ihrer „eigene“ Küste zu genießen.
Ob Jean Balladur dem französischen Architekt und Städteplaner wohl klar war, dass er sich mit dem Entwurf des Badeortes ein architektonisches Denkmal weil über seinen Tode hinaus gesetzt hat? Wohl nicht, denn erst in den letzten Jahren wurden die über Jahrzehnte abschätzig belächelten Betonpyramiden zu Architekturikone und sind seit ein paar Jahren auch hochoffiziell „Nationalen Kulturerbe des 20. Jahrhunderts“.
Daher bietet das örtliche Fremdenverkehrsamt zwischenzeitlich Architektur-Führungen oder oder die Teilnahme an Photo Walks an. Wir haben uns aber auf eigene Faust ein wenig umgesehen und da es in jedem Stadtteil mindestens eine Informationsstehle gibt, kann man auch ganz gut eine Self-Guided-Tour im eigenen Tempo unternehmen. Zumal die Stehlen zweisprachig, sprich englisch und französisch gestaltet sind und Führungen in Frankreich oftmals „nur“ in Landessprache angeboten werden.
Auf dem Foto, welches ich am Fischereihafen im benachbarten Le Grau-du-Roi aufgenommen habe, sieht man übrigens gut, warum ich von Betonpyramiden gesprochen habe. Balladur hat nämlich die Pyramiden der Maya als Vorbild für seinen Mittelmeer-Badeort herangezogen. Ein wenig erinnern die Gebäude aber auch an Kreuzfahrtschiffe, findet ihr nicht auch? Ich bin ja kein Verfechter von Massentourismus in Hotelbunkern aber ein großer Fan von außergewöhnlicher Architektur und muss gestehen, dass mich die Ambivalenz des Ortes, der doch irgendwie auch von Parks und Grün dominiert wird, von Anfang an in seinen Bann gezogen hat.
Zudem gibt es entlang den sieben Kilometern feinstem Sandstrand (Plage du Grand Travers) auch Einkaufspassagen, Gemeinschaftseinrichtung, sowie Schulen und Kindergärten. Balladur hat La Grande-Motte also nicht nur als Feriendomizil konzipiert sondern als „echten“ Wohnort und das wiederum finde ich äußerst beachtenswert. Denn ihr kennt sicherlich den klassischen Badeort gerade hier an der Küste, an dem in der Nebensaison oder auch außerhalb der Saison alles geschlossen hat und man nicht einmal einen Kaffee trinken kann. Heute leben rund 8700 Menschen in La Grande-Motte und ich finde es toll, das der ursprüngliche Gedanke des Erbauers bis heute weiterlebt.
Radtour nach Port Camargue
Wie schon im Stadtgebiet von La Grande-Motte haben wir uns auch in der näheren Umgebung mit dem Rad umgesehen und den beiden Nachbarorten Le Grau-du-Roi und Port Camargue einen kleinen Besuch abgestattet. Eigentlich ist Port Camargue ja „nur“ ein Stadtteil von Le Grau-du-Roi bzw. „nur“ der Yachthafen des Ortes. Ich finde aber, dass das dem größten Freizeithafen Europas, nicht gerecht wird. Die beiden Orte unterscheiden sich nämlich grundlegend und jeder strahlt eine andere Atmosphäre aus. Dabei trägt Port Camargue ohne Frage die Handschrift von Balladur und ist ein wenig wie ein zweites, kleineres La Grande-Motte.
Entfernt hat es mich auch an Venice, dem äußerst bekannten Stadtteil von Los Angeles, erinnert. Hier sind die Häuser auch am Wasser gebaut und haben oft einen eigene Bootsanleger vor der Terrassentüre. Le Grau-du-Roi mutet da im Gegensatz etwas romantisch verspielt an und die Handschrift der italienischen Gründerväter ist vor allem im Bereich rund um den Fischereihafen nicht zu übersehen.
An unserem Besuchswochenende hat hier vor Ort auch am Vormittag eine Stierhatz stattgefunden. An vielen Straßen standen noch die hohen Absperrgittern und der Asphalt entsprechend verunreinigt. Auf den Plätzen rund um den Fischereihafen war daher auch die Hölle los und wir wollten uns ungern mit dem Fahrrad samt Anhänger durch die Menge drücken.
Die Stierhatz bzw. Stierkampfarenen haben in der Camargue eine lange Tradition. Als wir vor ein paar Jahren unseren Osterurlaub in der Gegend verbrachten, waren wir etwas überrascht, dass diese Praxis hier außerhalb von Spanien so zelebriert wird. Jeder von euch kann seine eigene Meinung zum Thema Tierwohl haben, jedoch finde ich, dass man auch darüber nachdenken sollte, ob es nicht oft einfacher ist, auf fremde Traditionen mit dem Finger zu zeigen, um sein eigenes möglicherweise schlechtes Gewissen zu beruhigen. Versteht mich nicht falsch, ich kann der Tradition der wenn auch unblutigen Stierkämpfe bzw. der Stierhatzen nichts abgewinnen, aber ich finde man sollte der Sache trotzdem mit Respekt begegnen und vielleicht selbst sein eigene Einkaufs- und Konsumverhalten hinterfragen. Und Billigfleisch beim Discounter zu kaufen ist da nur eine Sache und das Tierwohl fängt meiner Ansicht nach schon bei jedem einzelnen vor der Haustüre an und nicht erst im weit entfernten Südfrankreich.
Naturpark Camargue
Verlässt man das Hafengebiet von Port Camargue steht man quasi schon in der wunderbaren, ursprünglichen Landschaft des Naturparks Camargue. Die Camargue gehört ja bereits zur Region Provence, hat aber rein optisch nichts mit lila wogenden Feldern voller Lavendel zu tun. Spricht man von der Camargue ist das Schwemmland rund um das Rhonedelta zwischen Marseille und Montpellier gemeint.
Hier in der Camargue ist man ja eigentlich nicht auf dem Fahrrad sondern auf dem Rücken eines Pferdes unterwegs. Die Reiterhöfe in der Camargue gehören dabei zur Landschaft wie die vielen Flamingos in den Tümpeln. Dabei kann man das ganze Jahr über geführte Ausritte und Kutschfahrten durch die wundervolle Küstenlandschaft unternehmen und ich würde mal sagen, als Pferdefan und Reiter sollte man auf jeden Fall einmal in der Camargue Urlaub gemacht haben.
Ich für meinen Teil bin da lieber mit dem dem Rad unterwegs und genieße die Zeit im Sattel und so hat uns unserer Familienradtour zum Phare de l’Espiguette geführt. Die einfache Wegstrecke vom Campingplatz in La Grande-Motte aus beträgt dabei entspannte 15 Kilometer. Auf dem großen Parkplatz hinter den Dünen unweit des Leuchtturms kann man übrigens auch mit dem Wohnmobil übernachten. Wobei es hier keine Ver- und Entsorgung gibt und man auch ein wenig auf die Witterungsverhältnisse schauen sollte. Der Untergrund ist nämlich sandig und bei starkem Regen besteht die Gefahr, daas man mit dem Wohnmobil stecken bleibt.
Auf dem Rückweg haben wir noch im „Mediterranean House of Wines“, welches präsent an der Zufahrtsstraße zum Leuchtturm liegt, leckeren Wein eingekauft. Hier in der gesamten Gegend wird nämlich der Vins Sable de Camargue gekeltert, ein herkunftskontrollierter Wein der hier auf dem salzig, sandigen Boden seinen unverwechselbaren Geschmack bekommt. Meine Favoriten sind die Roseweine, das aber nur am Rande 😉 .