Kameradschaftshäuser und Blick auf den Turm mit Ehrenhalle

Im Dritten und letzten Beitrag über unseren Kurzurlaub in der Eifel nehme ich euch mit an den Rursee. Wir besuchen dort mittelalterliche Gemäuer und einen besonderen Erinnerungsort inmitten der grünen, friedlichen Landschaft.

Wald und Wasser

Der Rurstausee ist – wie der offizielle Name des Rursees schon vermuten lässt – kein natürliches Gewässer, sondern wurde 1938 durch die Fertigstellung des Staudamms im Ort Schwammenauel künstlich geschaffen. Der Bau der „Rurtalsperre“ war eine der bekanntesten Baustellen im Dritten Reich und gehörte somit auch zu den „Maßnahmen zur Senkung der Arbeitslosigkeit“, welche nach dem Börsencrash und den turbulenten letzten Jahren der Weimarer Republik, unglaubliche Ausmaße angenommen hatte und deren Bekämpfung sich Hitlers ja „auf die Fahne geschrieben hatte“.

Die Hintergedanken der NS-Führung blieben den meisten Bürgern Mitte der 30er-Jahr, als auch mit dem Bau des Damms begonnen wurde, noch „verborgen“ und erst gegen Ende der 30er-Jahre wurden wohl auch dem einfachen Bürger die Kriegsabsichten bewusst. Davor war man wohl einfach nur froh, dass man wieder Arbeit hatte und die Familie wieder etwas zum beißen.

Wie ihr auf den Bildern sehen könnt ist der 7,83 km² große Stausee malerisch von einem dicht bewaldeten Ufer umrahmt. Entlang dem See liegen eine Handvoll kleinere Orte wie beispielsweise Einruhr, die vor allem vom Tourismus, sprich den Wanderern, Seglern und Tagesausflüglern aus der Städteregion Aachen und dem Kreis Düren leben.

Blick auf Einruhr am Rursee

Ich fand es sehr schade, dass wir nur kurz in der Region unterwegs waren und wir wollen, wenn unser kleiner Strampelmann dann da ist, auf jeden Fall nochmals für einen längeren Campingurlaub in die Eifel fahren. Es ist gibt nämlich neben den vielen Wanderwegen auch ein gut ausgebautes Radnetz und darüber hinaus viele kinderfreundliche Freizeitmöglichkeiten.

Mittelalterliches Nideggen

Neben der reizvollen Landschaft gibt es einige Ortschaften mit mittelalterlichem Ortskern und Stadtmauer zu entdecken. Wir hatten eine entspannte Zeit im beschaulichen Nideggen, dessen Altstadt von einer komplett erhaltenen Stadtmauer umfriedet ist.

Besonders schön anzusehen sind die vielen Fachwerk- und Buntsandsteinhäuser in den kopfsteingepflasterten Gässchen und natürlich die top restaurierten Burganlage aus dem 12. Jahrhundert, der ihr auf jeden Fall einen Besuch abstatten, und vom Westturm aus den Ausblick über den Nationalpark Eifel genießen müsst.

Vogelsang International Place

Inmitten von Wäldern am Rande des Rursees befindet sich ein Ort der sich, müsste ich ihn mit ein paar Adjektiven beschreiben, wohl am Besten mit „unbequem“, „imposant“, „faszinierend“ und „abschreckend“ umschreiben lässt. Hier wurde im Jahr 1934 von den Nationalsozialisten die Ordensburg Vogelsang errichtet, in der in den darauffolgenden sieben Jahren Jugendliche und junge Erwachsene zu „Führern“ ausgebildet und ideologisch erzogen wurden.

Eingangstor der Ordensburg Vogelsang

Auf einem terrassenförmig gestalteten Gelände wurde auf einer Fläche von Rund 100 Hektar ein mega Bauprojekt, dass von Größe und Umfang an das ehemalige Reichparteitagsgelände in Nürnberg erinnert, umgesetzt. Die brachiale Herrschaftsarchitektur, der sich im Nationalsozialismus Mensch und Natur unterzuordnen hatten, erschreckt und schreckt auch noch nach über 70 Jahren ab und steht im krassen Kontrast zum beschaulichen Nationalpark mit seiner überbordenden Natur.

Seit 2006 ist die Anlage ein „International Place“ mit einem großen Dokumentationszentrum, verschiedenen Veranstaltungen und diversen Angeboten für Individual- und Gruppenbesucher.

Blick auf den Rursee

Heute ist die Anlage also ein irritierendes Denkmal und Erinnerungsort, an dem in einer interessanten Dauerausstellung u.a. beleuchtet wird, welche Versprechungen den jungen Menschen damals gemacht wurde und welche Hoffnungen und Sehnsüchte nach sozialem Aufstieg sie bewegte eine solche Einrichtung zu besuchen oder in diese aufgenommen werden zu wollen. Zudem werden Themen wie der Führerstaat, Eliteanspruch der Ordensjunker oder der Körperkult im Nationalsozialismus eingehend beleuchtet. Es werden aber auch unbequeme Fragen wie „Wie hätte ich damals gehandelt?“ oder „Gibt es heute vergleichbare Situationen?“ gestellt, die wohl jeden zum nachdenken anregen sollten, der ein wenig das aktuelle Weltgeschehen verfolgt.

Besucht man das Freigelände der Anlage wird einem erst deren wirkliches Ausmaß mit verschiedenen Sportstätten (sollte die Jugend doch „hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder und flink wie Windhunde“ sein), Schlafhäusern (Kameradschafts- und Hundertschaftshäuser) und einem überdimensionierten Wirtschaftsgebäude mit Speisesaal (Adlerhof und Burgschänke) bewusst.

Auf dem Freigelände, welches auch ohne Ticket besucht werden kann, befinden sich zudem überall Infostehlen die die jeweiligen Gebäude und ihre damalige Funktion, auch über die Zeit des Nationalsozialismus hinaus, erklären. Die Anlage wurde nämlich nach dem Krieg als Kaserne der britischen und später in den 50er-Jahren von der belgischen Armee genutzt. Diese gab das Gelände erst 2005, mit der Gründung des Nationalparks Eifel, auf.

Ich würde für den Besuch des International Places mindestens einen guten halben Tag veranschlagen und bei gutem Wetter auf jede Fall im Rahmen einer Führung auf den Vogelsang Turm hinaufsteigen. Von dort eröffnet sich einem nämlich ein wunderbarer Rundumblick über den See und die Wälder. Wir haben durch meine fortgeschrittene Schwangerschaft darauf verzichtet. Das galt ebenfalls für den Rundwanderweg mit einer Länge von 6,5 Kilometer zum ehemaligen Dorf Wollseifen, welches im Jahr 1946 durch die Gründung des „Camp Vogelsangs“ durch die britische Armee weichen musste. Die Dauerausstellung „Bestimmung: Herrenmensch“ kostet 8 Euro Eintritt pro Person und der Aufstieg auf den Turm nochmals 6 Euro. Das Besucherzentrum ist täglich von 10 – 17 Uhr geöffnet.


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