Nachdem wir eine tolle Zeit in Vilnius hatten, haben wir uns weiter auf die Reise in Richtung Heimat gemacht. Ich hatte im Reiseführer gelesen, dass es keine 30 Kilometer von Vilnius entfernt im kleines Örtchen Trakai ein imposantes Wasserschloss geben soll und man dieses unbedingt besuchen müsse 😉 . Daher haben wir auf unserem Weg nach Kaunas einen kleinen „Abstecher“ in besagten Ort, südwestlich von Vilnius, gemacht. Hier hat sich uns ein ähnliches Bild wie schon in Tallinn geboten: Die Stadt oder besser die Großstadt mit ihren x-spurigen Straßen macht recht abrupt einer Landschaft, welche geprägt von grünen Hügeln und Wäldern ist, platz.
Trakai
Trakai liegt inmitten einem Nationalpark und ist umgeben von fünf Seen mit unzähligen Buchten. Ich würde die Landschaft fast als die Schönste im Südosten von Litauen bezeichnen. Zudem merkt man auch, dass die Landeshauptstadt nicht weit entfernt ist 😉 . Die touristische Infrastruktur ist maximal ausgebaut und ich möchte um ganz ehrlich zu sein, nicht an einem Sonntag Nachmittag im Sommer die Inselburg besuchen. Die Besichtigung dieser ist auch er der Hauptgrund für einen Besuch und irgendwie wird einem schon auf der gegenüberliegenden Uferseite klar, warum die mittelalterliche Wasserburg die meist fotografierte Burg Litauens ist.
Müsste ich eine mittelalterliche Burg beschreiben, würde diese wahrscheinlich ähnlich aussehen und umgeben von Wasser und inmitten von Bäumen denkt man, dass gleich ein Ritter in Rüstung und hoch zu Ross über die Brücke reiten würde. Zum Glück trat letzteres nicht ein, der Gute hätte nämlich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ein paar französische und chinesische Touristen über den Haufen geritten. Die Wasserburg aus dem 14. Jahrhundert wird auch als „Alt-Trakai“ bezeichnet und war sogar im selbigem Jahrhundert Hauptstadt von Litauen und Residenz des Fürsten Gediminas (das ist der Typ mit dem Denkmal in Vilnius).
Rund um die Burg können bei verschiedenen Anbietern Rundfahrten mit dem Boot unternommen werden. Ich muss an dieser Stelle erwähnen, dass wir nicht in „Neu-Trakai“ und somit der eigentlichen Stadt unterwegs waren, sondern uns nur die Burg angeschaut haben.
Was ich besonders interessant im Zusammenhang mit dieser Region finde ist, dass Trakai heute das kulturelle und religiöse Zentrum der jüdischen Strömung der Karaimen ist und vor allem die ältere Bewohner die gleichnamige Turksprache noch heute sprechen. Dieses Thema finde ich persönlich sehr spannend, da „historische“ und noch heute regional gesprochen Sprache/Dialekte (wie z.B. bei uns im Münsterland) eine Faszination auf mich ausüben.
Kaunas
In Kaunas haben wir in der Nähe der Burg am Ufer der Neris geparkt und uns natürlich zuerst in Richtung dem Rathausplatz orientiert. Hier haben wir auch das erste mal in DER Burgerkette im Baltikum gegessen. Hesburger hat in allen drei baltischen Staaten Filialen und ist neben ein paar vereinzelten McDonald’s Restaurants die einzige Fast-Food-Kette dort oben im Norden. Ich habe beim recherchieren und schreiben des Beitrages gesehen das Hesburger, der ursprünglich aus Finnland kommt, auch zwei Filialen in Hamburg hat.
In Kaunas geht es ein wenig unspektakulärer und natürlich auch ruhiger zu als in Vilnius. Bei strahlendem Sonnenschein sind wir durch die Fußgängerzone geschlendert und vor allem ich habe den „Schaufenster-Bummel“ sehr genossen 😉 . Die Vilniaus gatvè ist fast einen Kilometer lang und zieht sich durch die komplette Altstadt.
Viele der Häuser sind restauriert und beherbergen Restaurants, Galerien und kleine Geschäfte. Was auffällt ist, dass selbst in größeren Städten die typischen Kaufhausketten wie H&M oder Zara nicht Teil des Stadtbildes und wenn überhaupt nur außerhalb, in den großen Shopping Malls, ansässig sind. Bevor wir weiter in Richtung polnischer Grenze bzw. dem Campingplatz gefahren sind haben wir vor den Toren der Stadt die KZ-Gedenkstätte IX. Fort besichtigt.
Die Festungsanlage, von der man übrigens einen tollen Ausblick auf die Stadt hat, wurde ab 1902 erbaut. Kaunas gehörte damals noch zum zaristischen Russland und sollte zu einer militärischen Festung ausgebaut werden. Mitte der zwanziger Jahre wurde dann eine Außenstelle des örtlichen Gefängnisses im sogenannten IX. Fort untergebracht. Fortan wurde das Gefängnis von wechselnden Besatzern, hier die Russen und Deutschen, „genutzt“. Die Ermordung von 18.500 Juden in den Jahren 1941-1944 ist unbestritten einer der traurigen Höhepunkte einer Geschichte, die so nie stattfinden hätte dürfen. In der Gedenkstätte wird in einer sehr interessanten und eindringlichen Ausstellung aber auch an die Verschleppung abertausender „unbequemer“ Litauer nach Sibirien gedacht. Hier zeigt sich auch, dass Diktaturen immer mit den gleichen bzw. ähnlichen Mittel argumentieren und im Umgang mit nicht Gleichgesinnten immer die traurige aber wahre Devise „wegsperren“ oder „umbringen“ verfolgt wird. Wie dumm doch die Menschheit ist …
Der 30 Meter hohe und sehr bedrückende Skulpturengruppe fast nicht zu übersehen. Diese soll an das Leid, den Kampf und Sieg des Widerstandes erinnern und bilden, vor allem bei strahlendem Sonnenschein einen krassen Kontrast zu den grünen Hügeln und der liebenswürdigen Stadt.
Das letzte Mal in Litauen übernachtet haben wir dann auf einem Campingplatz in der Nähe von Marijampolė. Leider hat dieser keine Homepage, sonst hätte ich ihn euch natürlich im Beitrag verlinkt. Seit ihr mit dem Wohnmobil unterwegs, könntet ihr euer Nachtlager auch alternativ auf dem Camping „Kaunas City“ aufschlagen.