Wenn man an Schweden denkt, tauchen sofort die folgenden Bilder vor dem inneren Auge auf: rote Holzhäuschen mit weißen Fensterrahmen, eingebettet in grüne Wälder und glitzernde Seen. Diese Farbe – das berühmte Schwedenrot, auch Falunrot (Falu Rödfärg) genannt – ist nämlich weit mehr als nur ein Anstrich. Sie ist ein Stück Geschichte, ein Symbol für Tradition und ein echtes Naturprodukt mit überraschender Geschichte.
Ein Farbton mit Kultstatus – das Erbe der Faluner Kupfermine
Ursprünglich stammt die Farbe aus der Region Dalarna, genauer gesagt aus der Bergbaustadt Falun. Dort wurde sie aus einem ganz besonderen Rohstoff gewonnen: dem Schlamm der Kupfermine Stora Kopparbergs gruva. Bereits im 8. Jahrhundert begann man hier mit dem Kupferabbau und über die Jahrhunderte mauserte sich der Rohstoff zu eine der bedeutendsten Ressourcen Schwedens. Das dort gewonnene Kupfer fand Verwendung in Kirchendächern, Münzen und königlichen Prunkbauten in ganz Europa.

Im 13. Jahrhundert machten Bergarbeiter eine bemerkenswerte Entdeckung: Kupferklumpen, die bei Regen verwitterten, verwandelten sich in eine pigmentreiche, rötliche Masse. Neugierig begannen die Bergarbeiter zu experimentieren – und entdeckten, dass sich der rötlich-braune Schlamm, vermischt mit Leinöl und Roggenmehl, hervorragend als Holzschutz eignete. Aus dieser Mischung entstand die erste sogenannte Schlammfarbe: eine wetterfeste Beschichtung, die nicht nur das Holz zuverlässig schützte, sondern ihm zugleich erlaubte zu atmen. Darüber hinaus überzeugte die Farbe durch ihre warme, erdige Ästhetik – und wurde bald zum charakteristischen Anstrich für schwedische Holzhäuser.
Obwohl die Entdeckung der schützenden Wirkung der Schlammfarbe bereits früher erfolgte, dauerte es bis ins 17. Jahrhundert, ehe das Schwedenrot erstmals offiziell produziert wurde. Wohlhabende Bürger nutzten die Farbe, um ihre Holzhäuser wie repräsentative Ziegelbauten erscheinen zu lassen. Sie wollten damit eine ähnliche Optik ihrer Fassaden erreichen im übrigen Mittel- und Nordeuropa. Im 19. Jahrhundert wandelte sich das Bild: Schwedenrot wurde zur Farbe des Volkes. Während Gutshäuser meist in Weiß erstrahlten, leuchteten Stallungen und Arbeiterhäuser in kräftigem Rot – ein Ausdruck von Funktionalität, Tradition und Verbundenheit mit dem ländlichen Leben.
Ein Besuch in Falun – mehr als nur Farbe erleben
Der Geburtsort des Schwedenrotes, die ehemalige Kupfermine Stora Kopparbergs gruva in Falun, kann heute im Rahmen von Führungen oder auf eigene Faust erkundet werden. Neben dem Aspekt rund um die berühmte rote Farbe ist die Mine ein bedeutendes Industriemuseum und ein beeindruckendes Zeugnis schwedischer Bergbaugeschichte. Sie wurde 2001 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt – als Symbol für die jahrhundertelange Verbindung von Naturressourcen, Handwerk und kultureller Identität weit über die Region Dalarna hinaus.
Im Grubenmuseum taucht ihr ein in die faszinierende Welt des historischen Bergbaus und erfahrt, unter welch extremen Bedingungen Generationen von Bergleuten das Kupfer aus dem Berg holten. Die Arbeit war körperlich hart, gefährlich und oft lebensbedrohlich: Dunkelheit, giftige Gase, Einsturzgefahr und nur einfache Werkzeuge prägten den Alltag unter Tage – ein Leben voller Entbehrung, Disziplin und ständiger Risiken. Originale Werkzeuge, historische Dokumente und interaktive Ausstellungen vermitteln eindrucksvoll, wie diese Menschen lebten und arbeiteten. Sie erzählen die Geschichte jener, die über Jahrhunderte hinweg das industrielle Rückgrat Schwedens bildeten – in einer Stadt, die einst die zweitgrößte des Landes war.
Die Stora Kopparbergs gruva galt lange Zeit auch als größte Kupfergrube der Welt und beschäftigte über 1.200 Arbeiter. Damit war sie nicht nur ein technisches Wunderwerk, sondern auch der größte Arbeitgeber Schwedens und ein zentraler Motor für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Die Grube selbst kann heute ausschließlich im Rahmen einer Führung besichtigt werden



Ein 1,6 Kilometer langer Rundweg mit 17 Informationstafeln führt über das geschotterte Gelände rund um die Mine. Der Weg ist stellenweise recht steil, aber im Gegensatz zum Grubenmuseum kostenfrei zugänglich. Entlang der Strecke erfahrt ihr Spannendes über historische Gebäude, geologische Besonderheiten und die Geschichte des Bergbaus. Zwischen ehemaligen Grubenschächten, alten Gebäuden und Relikten des Bergbaus entdeckt ihr auch heute noch zahlreiche Steine mit rötlichen Partikeln – Spuren des berühmten Pigments. Wer genau hinschaut, kann sich also ein kleines Stück Geschichte mit nach Hause nehmen – von einem Ort, der 1992 selbst zum Denkmal wurde.

Praktische Informationen
Die Stora Kopparbergs gruva ist ausgeschildert und liegt direkt an der Straße 50 in Richtung Borlänge. Am großzügig angelegten Besucherparkplatz gibt es nicht nur ausreichend Stellflächen, sondern auch einen zweckmäßig ausgestatteten Wohnmobilstellplatz – ideal für alle, die wie wir mit dem Camper unterwegs sind. Ein kleines Café lädt zum Verweilen und Verschnaufen ein, bevor es weiter auf Entdeckungstour geht. Wer ein Stück schwedischer Tradition mit nach Hause nehmen möchte, kann hier, direkt am historischen Ursprungsort, natürlich auch das original Falunrot käuflich erwerben.
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