Blick über das Land der Kathare

Im Süden Frankreichs, genauer gesagt in der Grenzregion des Languedoc-Roussillon, sind die Katharer fast schon allgegenwärtig. Sie sind nicht nur Namensgeber für imposante Festungen, die wie Adlernester an die schroffen Felsen gebaut wurden, sondern auch für Weingüter, Straßen und touristische Einrichtungen. Dass es sich bei den Katharern um eine Glaubensgemeinschaft aus dem 11. bis 13. Jahrhundert handelt und sie weltlichen Reichtum strikt ablehnten, wissen vielleicht die wenigsten von euch.

In der Zeit der Inquisition und der Feldzüge in Okzitanien errichteten die Katharer Festungen und befestigte Höhensiedlungen, um ihr Leben und ihren Orden vor Übergriffen zu schützen. Die meisten der Châteaus dienten auch der französischen Krone, um gegen die Machtansprüche des Königreichs Aragon zu bestehen und ihre Grenzen abzusichern.

Das Hauptanliegen des Glaubens der Katharer war das Gute im Menschen, also die Seele, aus der bösen Welt in den Himmel zu bringen. Aus heutiger Sicht handelt es sich also um eine klassische Erlösungsreligion, welche damals den Menschen mit vorherrschendem katholischen Glauben etwas abwegig und unheimlich erschien. Des Weiteren stieß es den Mächtigen und somit auch den Inquisitoren, die bekanntermaßen gegen jeden vorgingen der nicht in ihr Weltbild passte, sauer auf, dass die Katharer dem Alten Testament keine Bedeutung beimaßen und ausschließlich das Neue Testament (insbesondere das Evangelium des Johannes) hoch schätzten. Dies führte letztendlich dazu, dass die Glaubensrichtung im späten 13. Jahrhundert ihrem Untergang geweiht war.

Im Land der Katharer findet ihr eine Vielfalt an Landschaften: Bunte Blumenwiesen und mit Ginster bewachsene Berghänge wechseln sich mit vom Wind zerzausten Nadelbäumen ab. Umgeben von schroffen Felswänden und Berggipfeln, fragt man sich oft, ob vor einem ein Felsmassiv oder die Reste einer Burg aufragen. Gerade wenn man denkt, man sei in einer menschenleeren Gegend fernab jeder Zivilisation, taucht plötzlich ein Weinberg auf, denn hier in der Region werden die sehr leckeren Rotweine der Corbières gekeltert.

Blick auf das Château d’Aguilar

Neben der weit über die Grenzen Okzitaniens hinaus bekannten Zitadelle in Carcassonne, die als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnet wurde und aus der Ferne betrachtet mit ihrer Wehrmauer wie ein Märchenschloss aussieht, gibt es noch rund ein Dutzend Burgen und Festungsruinen. Die bedeutendsten davon sind die Ruine von Peyrepertuse, mit einer Gesamtfläche von 7000 m², und das erstmals im Jahr 1020 erwähnte Château de Quéribus. Hat man erst einmal den steilen Weg zu den Festungen erklommen, eröffnet sich einem ein atemberaubender Ausblick über das schroffe, bewaldete und hügelige Umland.

Blick über das Land der Katharer

Beeindruckende Châteaus Peyrepertuse und Quéribus

Hoch oben auf einem felsigen Grat in den Ausläufern der französischen Pyrenäen thront das Château de Peyrepertuse, eine der beeindruckendsten Burgen in der Region und die größte Festung der Katharer. Aufgrund seiner Höhe und der nahezu unzugänglichen Lage wird es oft als himmlische Schloss bezeichnet. Der steile Aufstieg vom kostenfreien Parkplatzt hoch hinauf zur Burgruine mag anstrengend sein, doch oben angekommen eröffnet sich einem ein spektakuläres Panorama über die zerklüfteten Berge.

Der untere Teil der Burg ist der älteste Bereich der Anlage und beherbergt die Kapelle Sainte-Marie. Sie ist dem heiligen Georg gewidmet und war nicht nur ein Ort der Spiritualität, sondern diente zeitweise auch als Zufluchtsstätte.

Das Château de Quéribus thront nahe dem Dorf Cucugnan ebenfalls in imposanter Lage auf einer Bergspitze in 728 Metern Höhe. Um, wie bereits erwähnt, gegen die neue Religionsgemeinschaft der Katharer vorzugehen, initiierte Papst Innozenz III. Ende des 11. Jahrhunderts den sogenannten Albigenserkreuzzug, um die Katharer auszurotten. Während des Kreuzzugs, in den Jahren 1209 bis 1229, diente die Festung vielen Anhängern dieser Religion als letzter Zufluchtsort – insbesondere nach dem Fall von Montségur. Doch auch Quéribus wurde schließlich im Jahr 1242 nach längerer Belagerung an den französischen König übergeben.

Beide Ruinen sind ein ideales Ausflugsziel für Familien mit Kindern. Unterhalb des Château de Quéribus kann man auch mit größeren Fahrzeugen wie Wohnmobilen kostenfrei parken. Der steile Aufstieg ist mit ein paar Pausen, während denen man den Ausblick genießen kann, gut zu bewältigen. Die Châteaus sind nicht barrierefrei.

Tautavel – die Wiege Europas

Das unscheinbare Dorf Tautavel, in unmittelbarer Nähe der Katharerburgen gelegen, ist ein bedeutender Ort für Archäologie und Geschichte. Es ist bekannt als Fundort des Homme de Tautavel, eines der ältesten menschlichen Fossilien in Europa. Die Grabungen in der nahegelegenen Höhle von Arago begannen 1964 unter der Leitung von Henry de Lumley und brachten bis heute mehrere Dutzend Homo-Fossilien sowie Tausende fossile Tierknochen zutage. Im prähistorischen Museum von Tautavel werden dann über 600.000 Jahre Menschheitsgeschichte lebendig. Es beherbergt eine beeindruckende Sammlung von Artefakten, Fossilien und Rekonstruktionen, die einen Einblick in das Leben unserer Vorfahren bieten.

Nur drei Kilometer nördlich von Tautavel entfernt lädt die Gorges du Gouleyrous, geformt durch den Fluss Verdouble, zu einer Auszeit und einem Sprung ins kühle Nass ein. In unmittelbarer Nähe des Parkplatzes liegt auch die Höhle von Arago, wo die Überreste des Homme de Tautavel entdeckt wurden. Diese archäologische Stätte kann nur im Rahmen von Führungen besucht werden und ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Verwunschene Eremitage Saint-Antoine de Galamus

Dass der Glaube, in welcher Ausprägung auch immer, im Pays Cathare eine große Rolle spielte, zeigt sich auch an den zahlreichen Eremitagen wie beispielsweise Saint-Antoine in der Gorges de Galamus. Deren Ursprung reicht bis ins 7. Jahrhundert zurück. Die Kapelle, die Grotte und die Wirtschaftsgebäude schmiegen sich an die steilen Felsen und scheinen beinahe von ihnen verschluckt zu werden.

Eremitage Saint-Antoine de Galamus

Vom Großparkplatz am südlichen Eingang der Schlucht führt ein Sentier Botanique zur Einsiedelei, die man nach rund 20 Minuten erreicht. Wenn man dann, abseits der Zivilisation, zwischen den Feigenbäumen auf den Felsen sitzt bekommt man einen Eindruck von der Stille und der meditativen Stimmung, die der Legende nach den ehemaligen Troubadour Jehan Cantalauze, genannt Gadamus, hier umgeben haben muss.

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