Unterwegs in Süddeutschland

Glücksorte – Impressionen von der Slow Schaf

1. November 2019

Wenn sich Ende Oktober die Blätter bereits rot-golden verfärbt haben, findet alljährlich im einzigartigen historischen Kulturdenkmal Altes Lager in Münsingen die Kombimesse „Slow Schaf“ und „schön & gut“ statt. Die Veranstaltung begeistert mich schon seit Jahren nicht nur der großartigen Location wegen, sondern auch weil auf dem Gelände trotz all dem Trubel eine unheimlich gemütliche und entspannte Atmosphäre herrscht. Als Messehallen für die rund 160 Aussteller dienen dabei die alten Kornspeicher auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne.

Auf dem zugehörigen Außengelände findet zur Stärkung der hungrigen Besuchermeute immer ein bunter Streetfoodmarkt statt, der keine kulinarischen Wünsche offen lässt und von vegetarischen Maultaschen über Lammwürste bis hin zum Gulasch für jeden Gusto etwas bietet.

Die „Slow Schaf“ hat bei mir im Jahresplaner einen festen Platz, da ich mich auf der Messe unheimlich wohl fühle. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich stolz darauf bin am Rande der Schwäbischen Alb zu wohnen und die Alb für mich zu einem der schönsten Landstriche in Deutschland gehört. Zudem werden zwischen Donau und Neckar tolle kulinarische Erzeugnisse produziert und alte Traditionen wiederbelebt. Ich finde es außerdem faszinierend, dass ein solch geschichtsträchtiger Ort, in dem früher die Soldaten im Gleichschritt marschierten, heute so vielfältig genutzt wird.

Kulturdenkmal Altes Lager

Die „Slow Schaf“ findet zusammen mit der „schön & gut“ jedes Jahr Anfang November am Rande des ehemaligen Truppenübungsplatzes in Münsingen statt. Als Messehallen dienen die alten Kornspeicher auf dem Gelände des Alten Lagers, welches von der Firma Albgut GmbH vor ein paar Jahren erworben wurde. Zudem wird die Veranstaltung von der Slow Food Vereinigung Tübingen/Neckar-Alb aktiv unterstützt.

Das unter Denkmalschutz stehende Alte Lager, eine Kaserne aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert, wird mit den Erlösen aus Veranstaltungen wie dieser restauriert und empfängt die breite Öffentlichkeit nicht nur in diesem Rahmen als unverwechselbares Kulturdenkmal mit offenen Armen. Zwischenzeitlich haben sind nämlich unzählige kleine Manufakturen auf dem Gelände angesiedelt und es können Ausstellungen besucht und auch Fahrräder geliehen werden.

Hier auf dem Gelände befindet sich zudem auch das Informationszentrum des Biosphärengebiets Schwäbische Alb e.V. . Hier kann man sich mit Informationen über das Biosphärengebiet eindecken oder auch Erkundigungen über geführte Wanderungen einholen. Wichtige Links hierzu findet ihr am Ende des Beitrages.

Unterwegs auf der Messe

Die Slow-Food-Bewegung schärft mit Veranstaltungen wie dieser bewusst den Sinn für genussvolles und vor allem bewusstes Essen, sowie regionale Erzeugnisse. Auf beiden Messen stehen daher Lebens- und Genussmittel und Kleidung im Fokus, die nachhaltig, sauber und fair produziert werden. In Zeiten der Preisschlacht zwischen den Lebensmitteldiscountern und der Fertigung von Kleidung in Fernost ist es umso wichtiger das eigene Konsumverhalten zu hinterfragen und Alternativen mit einer regionalen Wertschöpfungskette kennenzulernen.

Viele Lebensmittel, wie Alb-Laisa (eine spezielle Sorte von Linsen) oder Hägenmark (eine Konfitüre aus Hagebutten) standen schon bei der Oma auf dem Tisch und sind nur zwei der ein wenig in Vergessenheit geratenen traditionellen Lebensmittel.  

Auch das Thema woher den unsere Kleider kommen und ob die Sachen unter menschenwürdigen Bedingungen gefertigt und nicht um die halbe Welt gekarrt werden, ist eine Tatsache die man sich doch ab und an ins Gedächtnis rufen sollte. Auch ich konsumiere oftmals „blind“ und mache mir sicherlich nicht immer Gedanken zu diesem Thema. Da ist es doch auch schön nicht nur die fertigen Produkte in der Hand zu halten sondern auch mal den wolligen und mähenden Erzeugern über das Köpfchen streicheln zu können.

Bei der „schön & gut“ stehen neue Trends für Tisch- und Wohnkultur im Mittelpunkt und ich konnte mich nur schwer beherrschen nicht Unmengen an neuer Deko für unsere Wohnung und den Garten ins Auto zu packen. Hier ist es ein wenig wie mit dem Kleiderschrank – der ist voll und man hat doch nie was zum Anziehen. Was ich aber mitgenommen habe sind einige neue Ideen und Inspiration zum basteln und dekorieren und nebenbei bin ich auch schon ein wenig in Weihnachtsstimmung gekommen 😉 .

Die Messe erstreckt sich insgesamt über neun Hallen und einem großen Außengelände mit Weidemöglichkeiten für die Schafe und andere Urviecher wie dem Albbüffel sowie dem bereits oben genannten Streetfood Markt, auf dem die „Erzeugnisse“ sofort verkostet und vor Ort genossen werden können.

Hütevorführungen und vieles mehr

Mein erstes Highlight auf der Messe war die Hütevorführung am frühen Nachmittag. Es ist schon beeindruckend wie der Hütehund agiert und die Schafe von einer Seite des Platzes zur anderen bringt. Hier hat der Hund die Schafe auch nicht im Voraus gekannt bzw. der Hund hat nicht „seine“ Herde gehütet, was die Sache wie ich finde noch bewundernswerter gemacht hat. Die Schäferin hat dem Hund nur ganz leise Befehle gegeben und ich hatte den Eindruck, dass auch ihre Körperhaltung beim Hüten eine große Rolle gespielt hat.

Nach der nervenaufreibenden Vorführung 😉 habe ich mir diese Jahr eine leckere Mauldasch im Laugenweckle schmecken lassen. Der Slogan des Foodtrucks „ultimativer Gaumengenuss mit kulinarischen und extravaganten Maultaschen Variationen“ passt perfekt zu der Slow Food Story und zum Ländle. Dazu kommt, dass ich schon lange nicht mehr so eine leckere Kombination im Weckle gegessen habe. Da sieht man halt mal wieder was dem Schwaben lieb und lecker ist.

Mein zweites Highlight war sicherlich die Vorführung „From Nose to Tail„, bei der auf der Bühne in Halle S4 ein halbes Schaf zerlegt und die Verwendung der einzelnen Teile erläutert wurde. Ich bin begeisterte Fleischesserin und könnte mir eine Leben ohne nicht vorstellen. Mir ist aber wichtig zu wissen was hinter der Wurst bzw. dem Stück Fleisch steckt das bei mir auf dem Teller liegt. Ich finde es auch ganz natürlich Fleisch in seiner ursprünglichen Form, spricht als geschlachtetes Ganzes mit Beinen / Kopf / Schwanz, zu sehen. Alles andere finde ich persönlich nur heuchlerisch. Es sollte jedem klar sein, dass ein lebendes Wesen – welches atmet und uns aus seinen oftmals treuherzigen Augen anschaut – gestorben ist und man der ganzen Sache mit etwas Respekt gegenüber stehen sollte. Die Vorführung war sehr informativ und ich konnte mal wieder ein paar Ideen für die heimische Küche mitnehmen. Wobei das Auslösen der Knochen und das Zerlegen des Fleisches beim Metzgermeister auf der Showbühne total einfach aussah und ich daheim in meiner Küche glaube ich nicht genau wüsste wo ich den genau anfangen sollte.

Bevor wir gegen 17 Uhr die Messe mit vielen neuen Eindrücken verlassen haben, habe ich den kleinen wolligen Bewohnern der Schwäbischen Alb noch einen letzten Besuch abgestattet. Ich war diese Jahr nicht nur von den Schafen, sondern auch von den Alpakas mehr als angetan.  Die kleinen etwas dauerverwirrt dreinschauenden Wesen leben normal auf der Alpakafarm Schaber im schönen Neckartal und ich überlege jetzt schon ob ich nicht im nächsten Jahr an einer Alpaka Trekking teilnehmen soll. Der Hof bietet einerseits Veranstaltungen zu festen, andererseits aber auch zu individuellen Termine an. Aber mal sehen – jetzt geht es erstmals in die bekanntlich nicht ganz stressfreie Vorweihnachtszeit. Was aber sicher ist, ist dass es nicht mein letzter Besuch auf der „Slow Schaf“ war – ich freue mich schon auf das nächste Jahr 🙂 .

Weiterführende Links

Glücksorte in und um Ulm

Droste Verlag
ISBN 978-3-7700-2170-3