Wenn man an Norwegen denkt, kommen einem zuerst Fjorde, Berge und wilde Natur in den Sinn. Doch abseits der großen Touristenpfade, nahe der schwedischen Grenze, wartet ein ganz besonderer Ort: der Haldenkanal. Für uns war dieser Naturpark eine wahre Entdeckung, denn hier wird Geschichte lebendig und lässt sich hautnah erleben.
Norwegens ältestes Kanalsystem, schlängelt sich über rund 80 Kilometer von Skulerud bis nach Tistedal nahe der schwedischen Grenze. Was heute wie eine idyllische Wasserstraße wirkt, war einst ein ingenieurtechnisches Meisterwerk, erbaut für den Holztransport im Zeitalter des aufblühenden Sägewerkswesens. Die Geschichte des Haldenkanals beginnt Mitte des 19. Jahrhunderts. Zwischen 1852 und 1860 wurde unter der Leitung des visionären Ingenieurs Engebret Soot ein Kanal angelegt, der die zahlreichen Seen der Region verband. Ziel war es, das geschlagene Holz aus den Wäldern effizient nach Halden zu transportieren, wo es weiterverarbeitet oder verschifft wurde.
Soot war also ein Pionier seiner Zeit. Bereits in den 1830er Jahren hatte er mit dem Bau des sogenannten Sootkanals erste Schleusentechnik in Norwegen eingeführt. Der Haldenkanal gilt als Weiterentwicklung dieses Konzepts – größer, dauerhafter und wirtschaftlich bedeutender. Besonders beeindruckend ist noch heute die Schleusenanlage bei Brekke. Mit vier Kammern und einer Fallhöhe von fast 27 Metern ist sie bis heute die höchste durchgehende Schleusentreppe in ganz Europa. Die Schleusen wurden vollständig von Hand aus Granitblöcken gebaut, ein unglaublicher Kraftakt.
Zahlreiche andere Schleusen entlang der landschaftlich wunderschönen Strecke, wie beispielsweise in Ørje oder Strømsfoss, bezeugen die enorme Logistik, die notwendig war, um Güter und Menschen durch die von Felsen und Seen geprägte Landschaft zu bewegen. Jede Schleuse hatte einst eigene Schleusenwärter, die das Wasser kontrollierten und Boote von Hand durch die Kammern zogen. In der Blütezeit des Kanals, vom späten 19. Jahrhundert bis in die 1930er Jahre, war hier also reger Betrieb. Holzflöße, Dampfboote und kleine Frachter passierten die Schleusen täglich. Mit dem Aufkommen moderner Straßen und Eisenbahnen verlor der Kanal zwar an wirtschaftlicher Bedeutung, wurde jedoch früh als kulturhistorisches Denkmal erkannt.
Der Haldenkanal präsentiert sich heute als bedeutendes technisches Kulturerbe, das mit viel Sorgfalt restauriert, weiterhin betrieben und als beliebtes Ausflugsziel geschätzt wird. Denn wer will, kann mit den historischen Schiffen M/S Brekke oder D/S Turisten auf Zeitreise gehen und den Kanal so erleben wie einst die Reisenden des 19. Jahrhunderts.
Wie ihr auf dem Video sehen könnt, hatten wir die Gelegenheit, die M/S Brekke beim Schleusen zu beobachten. Nicht nur für meinen kleinen Sohn war es ein spannendes Erlebnis, Technik und Geschichte so lebendig und greifbar zu erleben. Die besondere Atmosphäre an den Schleußen haben uns alle beeindruckt und werden uns sicher noch einige Zeit in Erinnerung bleiben.
Darüber hinaus hat uns besonders gefallen, dass es an nahezu allen Schleusen gemütliche Picknickplätze, saubere Toiletten und sogar Stellplätze für Wohnmobile gibt. Diese Stellplätze lassen sich unkompliziert und unabhängig von der Saison, wir waren beispielsweise jetzt im Juni in der Vorsaison unterwegs, ganz einfach per QR-Code reservieren und bezahlen. Das macht die Reiseplanung äußerst flexibel und angenehm, da man spontan entscheiden kann, wo man übernachten möchte.

Wir haben uns jedoch aufgrund der weiteren geplanten Route für eine Übernachtung auf dem Fredriksten Campingplatz in Halden entschieden. Dieser befindet sich in einzigartiger Lage direkt auf dem Gelände der gleichnamigen Festung. Die Festung wurde ab 1661 erbaut, nachdem Norwegen und Dänemark im Krieg gegen Schweden standen, spielte damals eine entscheidende Rolle in mehreren Kriegen. Von der Festung aus hat man einen einmaligen Ausblick über die Stadt, den Hafen und den Fjord.
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